Kreisgruppe Brandenburg / Havel
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Vor einer Woche hat der Landesbetrieb Straßenwesen mitgeteilt, dass er für den Neubau der Brücke am Altstadtbahnhof nun doch ein Planfeststellungsverfahren durchführen wird, was zu einer weiteren Verzögerung führt.
Bisher hatte der Landesbetrieb Straßenwesen (LS, baut und unterhält die Bundesstraßen im Land Brandenburg im Auftrag des Bundes) ein vereinfachtes Planungsverfahren durchlaufen wollen, das beim 1:1-Ersatz bestehender Verkehrsbauten zum Einsatz kommen kann. Durch die Trassenbegradigung der B102 / Zanderstraße zum Zweck der Tempoerhöhung auf 70km/h und die Verlegung der Europakurve auf die östliche Seite der B102 / Zanderstraße kann von einem 1:1-Ersatz keine Rede sein.
In unserer Stellungnahme zur Planung hatten wir schon frühzeitig auf dieses Problem hingewiesen. Der LS und die Stadtverwaltung hatten die Einwände von uns und anderen jedoch als nicht relevant abgetan. Auch wir wollen, dass die Brücke so schnell wie möglich wieder aufgebaut wird. Das Verfahren muss aber rechts- und zukunftsfest sein. Ein kurzes, externes Gutachten hat gezeigt, dass dies nicht zutrifft. Daraufhin hat der LS seine Meinung geändert und ist zum Planfeststellungsverfahren gewechselt.
Letztlich hat der LS die weitere Verzögerung zu verantworten. Die Trassenbegradigung ist unnötig und führt zu immensen Mehrkosten, von denen die Stadt gemäß der Kostenteilungsvereinbarung ein Viertel tragen muss. Die Verlegung der Europakurve führt zu vielen Nachteilen und hat jetzt, da die Brücke abgerissen ist, keine Vorteile mehr. Ein 1:1-Ersatz hätte durchgeführt werden können und das vereinfachte Planungsverfahren gerechtfertigt!
2018, als die Brücke noch stand, gab es eine vorbereitende Untersuchung, wie genau die marode Brücke ersetzt werden soll. Diese Variantenuntersuchung war nicht öffentlich und wurde erst kürzlich bekannt. Es gab keine öffentliche Diskussion darüber, wie der Knotenpunkt künftig gestaltet werden kann, welche Vor- und Nachteile z.B. eine Verlegung der Europakurve hätte. Ergebnis der Variantenuntersuchung war die aktuelle Planung - aber unter der Annahme, dass das alte Brückenbauwerk während der Bauzeit genutzt werden kann. Eine "neue Europakurve" gegenüber der "alten" hatte unter dieser Voraussetzung den Vorteil, eine Umfahrung der Brückenbaustelle zu ermöglichen. Da Brücke und Europakurve aus Sicherheitsgründen sofort abgerissen werden mussten, ist dies alles hinfällig.
Eigentlich gäbe es jetzt drei Möglichkeiten:
Stadt und LS haben sich für 1. entschieden und scheinen die anderen Möglichkeiten nicht einmal in Erwägung gezogen zu haben. 2. dürfte das schnellste Verfahren sein. Bei 3. gäbe es die Möglichkeit, zu einer Lösung zu kommen, die deutlich besser als der frühere Stand und die aktuellen Planungen sind. Wir dürfen nicht vergessen, dass die neue Brücke mindestens 60 Jahre halten sollte. Wären es 6-12 Monate frühere Fertigstellung wirklich wert, 60 Jahre mit einer Brücke zu verbringen, die den Anforderungen aller Verkehrsteilnehmer nicht gerecht wird und uns Möglichkeiten für die Zukunft verbaut?
Die aktuelle Planung führt zu schlechteren Wegebeziehungen für Radfahrer, Fußgänger und ÖPNV-Nutzer im Vergleich zur alten Brücke. Der KFZ-Durchsatz wird trotz (fraglicher) Tempoerhöhung gleich bleiben oder sich verschlechtern, u.a. weil Abbiegespuren zu kurz sind. Die Trassenbegradigung führt zu unverhältnismäßigen Mehrkosten und zu einem immensen Verlust an Stadtgrün, der nicht lokal kompensiert wird. Die Verlegung der Europakurve führt zu einer hohen Lärmbelastung der Anwohner und zerstört die Entwicklungsfläche für das Zukunftsquartier Magdeburger Straße. (Unsere ausführliche Stellungnahme geht weiter ins Detail.)
Aus unserer Sicht macht es daher keinen Sinn, mit der aktuellen Planung ins Planfeststellungsverfahren zu gehen, da sie eklatante Mängel hat. Sie muss ohnehin massiv überarbeitet werden. Warum dann nicht gleich eine ordentliche 1:1-Ersatz-Planung machen, für die es kein Planfeststellungsverfahren braucht, oder den Kontenpunkt grundsätzlich neu denken, um eine gute Lösung für alle zu finden?