Kreisgruppe Cottbus/ProTramCottbus
Bereits seit 2021 argumentieren wir von der Kreisgruppe Cottbus gegen den Einsatz von Wasserstoffbussen, siehe auch unseren Rundbrief Winter 2020/21 (Link: siehe unten)
Und das machten wir insbesondere gegenüber Cottbusverkehr - leider bisher erfolglos.
In der Zwischenzeit haben sich jedoch viele Akteure gegen eine Wasserstoffnutzung im Nahverkehr entschieden.
Dies sowie die Folgen der Cottbuser Fehl-Entscheidung sollen in diesem Beitrag nachgewiesen werden.
Rundbrief 2020/21:
Titel: “Emissionsfreie Busse braucht das Land”
Der VDV veröffentlichte im April 2023 ein Positionspapier unter o.g. Titel. Die dort genannten Effizienz-Werte für die einzelnen Antriebsarten ähneln stark den Werten aus unserem Beitrag in o.g. Rundbrief.
Erläuterung:
Die Effizienzwerte sind unter dem Begriff “Well2Wheel” zu finden.
Und der VDV gibt weiter zu bedenken:
Erläuterung:
HEMU = Hydrogen-electric multiple unit (wasserstoff-getriebene Fahrzeuge)
Selbst die Brandenburgische Landesregierung warnt im Landesnahverkehrsplan (LNPV) indirekt vor Wasserstoff-Nutzung (H2-Nutzung) im Nahverkehr (siehe oben).
Und auch der VBB hat sich vermutlich von der H2-Nutzung verabschiedet, denn in der Ausschreibung des Netzes Ostbrandenburg werden für oberleitungsfreie Strecken batterie-elektrische Fahrzeuge (BEMU) gefordert.
Um den lang geplanten Einsatz eines H2-Zuges auf der Heidekrautbahn ist es recht ruhig geworden. Es ist fraglich, ob der VBB an dieser Zielstellung noch festhält.
Aus “Busblickpunkt” vom Januar 2024:
„Zum 1. Oktober 2023 waren nach Angaben des Kraftfahrtbundesamts in Deutschland 84.721 Kraftomnibusse (KOM, Klassen M2 und M3, inkl. Regional- und Reisebusse, Busse im ÖPNV sowie Kleinbusse) zugelassen. Auf den Bereich des ÖPNV entfallen nach Schätzungen ca. 50.000 bis 55.000 Busse. In der Gesamtzahl der KOM enthalten sind 8.839 Fahrzeuge mit alternativem Antrieb, die überwiegend im ÖPNV im Einsatz sind. Davon entfallen 2.464 Fahrzeuge auf Elektro-Antriebe: 2.357 Batteriebusse (BEV), 99 Wasserstoff- bzw. Brennstoffzellenbusse (FCEV) und 34 Plug-In-Hybride (PHEV). Die restlichen Fahrzeuge werden der Antriebsart Hybrid mit 5.597 Fahrzeugen und Gas mit 752 Fahrzeugen zugeordnet.“
Die im Solinger Abschlussbericht sowie im “Blickpunkt” genannten Werte stimmen weitgehend mit den Werten überein, die im “E-Bus-Radar 2023” von PwC genannt werden:
Gewisse Unterschiede sind sicherlich damit begründet, dass “Blickpunkt” den Stand vom 1.10.2023 abbildet und PwC den Stand von Ende 2023.
Weitere Unterschiede:
PwC Ende 2023 | Kraftfahrt-BA Oktober 2023 | |
---|---|---|
Anzahl umweltfreundlicher Busse | 1884 (mit O-Bus) | 2464 |
Anteil H2-Busse an der Gesamtzahl E-Busse [%] | 8 | 4 |
Für nachfolgende Grafik wurden folgende Anpassungen vorgenommen:
Mit unserer Einschätzung aus 2021 lagen wir also richtig.
Batteriebustechnik hat sich durchgesetzt, weil sie deutlich effektiver, ökologischer und im Betrieb billiger ist als H2-Bus-Technik.
Alle Welt hat das erkannt – Bis auf die Cottbuser Stadtväter. Sie halten nach wie vor an ihrer Festlegung aus 2020 fest.
Verbrauch pro km (Gelenkbus) | Verbrauch [kWh/km] | |
---|---|---|
Diesel | 0,45 L | ca. 4,5 |
Fahrleitung | 1,8 kWh | 1,8 |
Batterie | 2,1 kWh | 2,1 |
Wasserstoff | 0,128 kg | 4,3 |
Vermulich mit dem Ziel, Wasserstoffbusse als optimale Lösung erscheinen zu lassen, werden auch einige Argumente genannt, die bei näherer Betrachtung ziemlich fragwürdig sind:
“Batteriebusse benötigen eine eletrische Anschlussleistung, die bei Cottbusverkehr (CV) nicht zur Verfügung steht”:
Das stimmt sicherlich. Doch wie sieht es diesbezüglich bei H2-Bussen aus?
Die LEAG will auf dem Gelände von CV den Elektrolyseur installieren und betreiben.
Wenn der Elektroanschluss dafür so ausgelegt wird, dass in 24 Stunden alle Wasserstoffbusse geladen werden könnten, dann reicht mit diesem Anschluss eine Zeit von 8 Stunden aus, um alle Elektrobusse für die gleiche Fahrleistung zu laden.
Und man kann davon ausgehen, dass die Busse am Tag durchschnittlich 8 Stunden auf dem Betriebshof stehen.
“Wasserstoffbusse werden stark gefördert”:
Es ist anzunehmen, dass Batteriebusse kaum weniger gefördert werden.
“Wenn sich H2-Busse als untauglich erweisen, stellen wir nach 10 Jahren halt auf Batteriebusse um”:
Jede neue Technik erfordert neue Werkzeuge, Einrichtungen, Ersatzteillager, Mitarbeiter-Schulungen, evtl. eine Umstellung des Heizungssystems bei CV auf Elektrolyseur-Abwärme…
Das alles verursacht erhebliche Kosten.
Mit der oben angedeuteten Umstellung auf Batteriebusse fallen diese Kosten erneut an. Und die jetzt installierte Technik muss weitgehend zurückgebaut werden!
Es ist fraglich, ob dafür dann eine weitere Förderung durchgesetzt werden kann. Ggf. müsste bei Nichteinhaltung des aktuellen Förderzeitraum sogar Fördergeld zurück gezahlt werden.
Planungen auf diesem Gebiet sollten deshalb schon den Zeitraum von 10 Jahren (gewöhnliche Bus-Lebensdauer) erheblich übersteigen.
Und was wird dann eigentlich aus dem Elektrolyseur?
Wenn die Wasserstoff-Abnahme durch CV nicht mehr realisiert wird, müssten neue Abnehmer gefunden oder der Elektrolyseur demontiert werden. Neue Abnehmer müssten per LKW beliefert werden, denn ein Gasnetz-Anschluss existiert nicht!
Außerdem:
Zumindest kann nach der Umstellung auf Batteriebusse für den Zeitraum des Ladens der Busse keine elektrische Energie für den Elektrolyseur bereitgestellt werden. Es sei denn, dass bereits bei der Planung eine entsprechende Energie-Reserve vorgesehen wird. Aber auch das dürfte die Angelegenheit weiter verteuern.
“Das Laden von Batteriebussen “auf der Strecke” dauert zu lange”:
Zwei Auszüge aus
https://durchstarterset-elektromobilität.de/praxisbeispiele/e-busse-in-leipzig-vom-konzept-bis-zur-umsetzung/
“Die Ladung der Busse erfolgt während des Betriebs an den Endhaltestellen. Dazu fahren die Fahrzeuge unter eine Ladehaube und werden im Rahmen der üblichen Wendezeiten ca. 10 Minuten lang mit bis zu 320 kW geladen.”
“Ergänzend zum Gelegenheitsladen an der Strecke werden die E-Busse über Nacht im Depot schonend geladen, um eine optimale Batteriepflege zu gewährleisten.”
Das sollte in Cottbus nicht möglich sein?
Liegen die Endhaltestellen in der Nähe von Straßenbahn-Einspeisungspunkten, könnte die Energie auch aus dem Tram-Netz gezogen werden.
Darüber hinaus ist festzustellen, dass die Reichweite von Batteriebussen sich in den letzten Jahren deutlich erhöht hat:
Die auf der Innotrans 2024 ausgestellten Busse fahren weiter als 400 km.
Herstellerangaben (BYD): B12 bis zu 600 km, B13 bis zu 450 km
Das sollte sicher auch für Cottbus reichen.
Aus Vorstehendem ergibt sich die Frage, ob der Standort Cottbusverkehr für einen Elektrolyseur überhaupt sinnvoll ist. Schließlich besteht hier kein tauglicher Gasnetz-Anschluss, über den im Bedarfsfall zusätzlicher Wasserstoff bezogen oder bei Überproduktion abgegeben werden könnte.
Und die Abwärme des Elektrolyseurs kann nur genutzt werden, wenn bei CV das Heiznetz umgestellt wird.
Anders sieht es an Standorten aus, an denen H2-Kraftwerke entstehen sollen, z.B. Jänschwalde oder Schwarze Pumpe. Hier muss dann ein Gasnetzanschluss gebaut werden. Und ein Fernwärme-Anschluss ist bereits vorhanden.
Ein Photovoltaikfeld, das die hier erzeugte Energie in das Tram-Netz einspeist, wäre anstelle des Elektrolysators auf dem CV-Gelände sicherlich sinnvoller.