Landesverband Brandenburg
Frage 3: Welche Maßnahmen wollen Sie ergreifen, um das gesetzlich verankerte Radnetz Brandenburg in der kommenden Legislaturperiode umzusetzen?
Die Konzeption eines gesamtheitlich gedachten Radnetzes in Brandenburg befindet sich noch in der Erstellung, da alle bestehenden Infrastrukturen und Wegeverbindungen einbezogen werden, zum Beispiel straßenbegleitende und selbständige Radwege, Wirtschaftswege, touristische Radrouten, innerörtliche Radwege sowie Radschnellweg-Bedarfe.
Das Ziel des „Radnetzes Brandenburg“ ist die Schaffung durchgehender, komfortabel befahrbarer Radverkehrsverbindungen. Touristische und Alltagsradverkehrsinfrastruktur werden gemeinsam und aufeinander abgestimmt und baulastträgerübergreifend entwickelt.
Das heißt, dass die bauliche Umsetzung streckenweise in verschiedenen Verantwortungen sein wird. Wir setzen uns dafür ein, dass eine ausreichende Finanzierung für die schrittweise Umsetzung zur Verfügung stehen wird. Alle Möglichkeiten zur Vereinfachung und Beschleunigung der Planungsverfahren für Radverkehrsinfrastrukturmaßnahmen sollten genutzt werden. Eine für Neubau- und Erhaltungsmaßnahmen in seiner Baulast nach geteilte Bedarfs- und Priorisierungsliste gilt es aufzustellen und dann abzuarbeiten.
Das Brandenburger Verkehrsministerium hat die Definition eines Baulastträger-übergreifenden Radnetzes für Brandenburg beauftragt und beabsichtigt einen Projektabschluss bis Ende 2024. Als erstes gilt es, diesen Zeitrahmen zu halten und bei der Stakeholder-Beteiligung insbesondere auch frühzeitig die Nutzenden-Verbände wie ADFC und VCD aktiv einzubinden und damit das in der Landesfläche vorhandene Know-How zu nutzen. Für die Umsetzung des Radnetzes mit voraussichtlich etwa 7.000 km durchgängigen und sicheren Radverkehrsverbindungen sehen wir die wesentliche Verantwortung auf der Landesebene - ob nun direkt, weil in Baulast des Landes oder indirekt über Unterstützungen und Förderungen der kommunalen Ebenen.
Wir stellen uns hierfür den Aufbau eines Kompetenzzentrums Radverkehr / Nahmobilität vor, in Anlehnung an das Zukunftsnetz Mobilität NRW. Hierbei sollte auch die AGFK Brandenburg eine tragende Rolle übernehmen. Die Finanzmittel für Planung, Bau und Betrieb des Radnetzes Brandenburg müssen demzufolge erheblich aufgestockt werden. Wir gehen von einem dauerhaften Bedarf von 200 Mio. € pro Jahr aus - bis 2040.
Wir beabsichtigen, dieses durch eine Umschichtung der Mittel - vom MIV zum Umweltverbund - und eine darüberhinausgehende Erhöhung der Mittel für den Umweltverbund zu erreichen. In der kommenden Legislaturperiode wollen wir das Hochfahren der Umsetzung des Radnetzes mit einer sinnvollen und transparenten Prioritätensetzung erreichen. Kriterien für die Priorisierung sollten aus unserer Sicht vor allem drei Aspekte sein: Das Verlagerungspotenzial (wie viele Menschen steigen aufs Rad um, wenn eine bestimmte Verbindung entsteht?), die Erschließungsfunktion für den ländlichen Raum und die Berücksichtigung von engagierten Initiativen und Bündnissen. Wir meinen, dass so Ressourcen möglichst wirkungsvoll eingesetzt werden und das Radnetz Brandenburg schrittweise bis 2040 vollständig realisiert werden kann.
Das Fahrrad bietet die Möglichkeit, emissionsfrei kurze und mittlere Distanzen zu überwinden. Für uns gehört es gleichberechtigt zum Mobilitätsmix. Wir werden den Ausbau von Fahrradwegen und neuen Fahrradschnellwegen in ganz Brandenburg voranbringen. Mit neuen Radschnellwegen werden wir insbesondere die Anbindung des Umlandes an die urbanen Zentren verbessern. Wir werden bei jedem Landesstraßenbau auch Radwege mitplanen und berücksichtigen. Dabei werden wir vorrangig Lücken im Netz schließen und weitere Ortschaften erschließen, sowie neue, auch überregional bedeutsame Verbindungen schaffen.
Der Bau und die Erhaltung von touristischen und straßenbegleitenden Radwegen werden bedarfsgerecht fortgeführt. Wir werden in Zukunft 100 Mio. Euro pro Jahr in Straßen und Radwege investieren. Daraus folgt auch ein stetig wachsendes Investitionsvolumen für den Radwegebau. Gemeinsam mit Berlin und den Kommunen wollen wir Radschnellwege zwischen Berlin und dem Berliner Umland schaffen. An den Bahnhöfen unterstützen wir die Bahnunternehmen und die Kommunen beim Bau von sicheren Radabstellanlagen und Fahrradparkhäusern.
Ein Hindernis bei der Verbesserung der Radinfrastruktur sind z.T. lange Plan(feststellungs)verfahren. Hier ist es notwendig, die Akteure zusammenzubringen. Das kann jedoch immer wieder nur in konkreten Projekten geschehen. Mit der Arbeitsgemeinschaft fahrradfreundlicher Kommunen (AGFK) Brandenburg und der Stelle des Radverkehrsbeauftragten haben wir jedoch Strukturen und Verantwortlichkeiten geschaffen, die diese Abstimmungsprozesse erleichtern.
Im Rahmen des Projekts „Rad im Regio“ wurden seit Mai 2016 auf den Linien RE2, RE3, RE4 und RE5 zur Verbesserung der Fahrradmitnahme Maßnahmen in den Regionalzügen umgesetzt. Die Erfahrungen aus diesem Projekt und der steigende Bedarf an Fahrradmitnahmeplätzen werden bei der Neuausschreibung von Verkehrsverträgen berücksichtigt. Alternativ zur Mitnahme von Fahrrädern ist es sinnvoll, gerade für den Bedarf im Tourismus mehr Ausleihmöglichkeiten anzubieten und Sharing-Projekte zu initiieren.
Zentral für die Mitnahme von Fahrrädern im Öffentlichen Verkehr sind gute Informationen. Wir schaffen die digitale Verknüpfung aller Verkehrsträger im Land Brandenburg. So sollen Fahrgäste noch umfassender auf Verbindungen, Tickets, Serviceangebote und Echtzeitinformationen zugreifen können.
Das Radnetz Brandenburg sollte unverzüglich geplant und beschlossen werden. Dafür kann auf die durch den ADFC geleistete Vorarbeit aufgebaut werden. Um das Zielnetz mit Maßnahmen- und Zeitplänen unterlegen zu können, ist das Radnetz Brandenburg in einen Landesradverkehrsplan zu integrieren. Dieser kann und sollte, analog zum Landesnahverkehrsplan, regelmäßig fortgeschrieben und durch den Landtag beschlossen sowie mit entsprechenden Finanzmitteln untersetzt werden. Darüber hinaus bedarf es im Brandenburgischen Straßengesetz einer differenzierenden Klarstellung zur Baulast für Radwege unterschiedlicher Bedeutung – wie wir es von den Straßen bereits kennen (Landes-, Kreis-, Gemeindestraßen). Nicht nur Radschnellwege, sondern auch „normale“ Radwege von überörtlicher Bedeutung sollten in die Baulast des Landes genommen werden, um einen Flickenteppich bei Ausbaugeschwindigkeit und -standards zu vermeiden. Die kommunalen Baulastträger müssen zudem in die Lage versetzt werden, ihren Beitrag zur Realisierung des Radnetzes Brandenburg finanziell und organisatorisch in dem dafür vorgesehenen Zeitrahmen zu leisten. Dafür braucht es kostenfreie Beratung durch eine Kompetenzstelle auf Landesebene.