Landesverband Brandenburg
Frage 10: Ein wichtiger Baustein der Mobilitätswende ist die Vermeidung von Verkehr. Wie möchten Sie in Brandenburg eine verkehrsvermeidende Stadt- und Regionalplanung implementieren?
Wir setzen uns für die Bewegungsfreiheit der Menschen und ihre unterschiedlichen Mobilitätsbedürfnisse ein. Egal ob zu Fuß, im Bus oder in der Tram, auf dem Fahrrad oder Moped – egal mit welcher Antriebsart gefahren wird – unsere Priorität ist es, die keine Verkehrsnutzungsart gegenseitig auszuspielen. Die Kommunen entscheiden darüber, wo es Mischgebiete, verkehrsberuhigte Wohngebiete, besonders verkehrssicherheitsbedürftige Bereiche wie Spielplätze und Schulen gibt. Sie implementieren die Stadtplanung. Die Regionalplanung bestimmt, wo es Menschen-Ansiedlungen gibt und dort wird der Verkehr mitbedacht, damit niemand abgekoppelt und jeder angeschlossen ist.
Durch Investitionen in die digitale Infrastruktur maximieren wir das Potenzial für Homeoffice und flexible Arbeitsmodelle, wodurch sich Verkehr reduzieren lässt.
Neben der technischen Vermeidung von Verkehr über Videokonferenzen etc. gilt es vor allem, eine nachhaltige Siedlungsentwicklung anzuregen. Dabei geht es um Siedlungen der kurzen Wege, wo im besten Falle alle Wege zwischen Wohnen, Arbeit, Einkaufen und Freizeit zu Fuß oder mit dem Rad zurückgelegt werden können und der ÖPNV die Siedlung für die weiteren Wege gut erschließen kann. Diese nachhaltige Siedungspolitik kann wiederum durch die die Förderprogramm für Städteplanung und Städtebau forciert werden. Im Mobilitätsgesetz konnten wir einen Mobilitätscheck lediglich für Städteplanungs-Förderung nicht jedoch für den Städtebau-Förderung verankern. Dies sollte im nächsten Schritt geschehen. Außerdem sollte das Bau- und Planungsministerium auch Leitfäden veröffentlichen und den Austausch darüber mit den Kommunen suchen.
Der Landesentwicklungsplan Hauptstadtregion Berlin-Brandenburg (LEP HR) versucht bereits heute, die Siedlungsentwicklung in Brandenburg entlang der Eisenbahnachsen zu konzentrieren. Mit einem Ausbau des Schienennetzes (insbesondere durch Reaktivierungen stillgelegter Strecken) kann dieses Planungsprinzip über das Berliner Umland hinaus ausgeweitet werden. Doch um diesen Ansatz wirksam durchzusetzen, braucht es mehr Steuerungsmechanismen auf der Ebene der Regionalplanung. Zum Beispiel sollten größere Gewerbe- und Industrieansiedlungen nur dort genehmigt werden, wo ein Anschluss an das Schienennetz besteht oder im Zuge der Erschließung hergestellt wird. Städte und Gemeinden als Trägerinnen der kommunalen Bauleitplanung sollten sich ebenfalls daran orientieren, dass Wohngebiete nur mit attraktiver ÖPNV-Anbindung zu planen sind. Über städtebauliche Verträge können sie weitere Maßnahmen festschreiben, z.B. dass Wohnungsunternehmen ihren Mieterinnen und Mietern Mietertickets oder Carsharing anbieten oder dass Unternehmen auf den Schienengüterverkehr setzen. Dabei wollen wir sie seitens des Landes mit einer speziellen Beratung unterstützen („Schienenlotsen“/“Rail Coaches“). Stellplatzsatzungen, die die Anzahl der erforderlichen Kfz-Stellplätze in Relation zur Qualität der ÖPNV-Erschließung reduzieren, können ebenfalls ein Baustein für die sozial-ökologische Stadtentwicklung sein. Auch autofreie Innenstädte und Quartiere mit entsprechend fußläufig erreichbarer Infrastruktur, Coworking-Räume u.a.m. tragen zur Verkehrsvermeidung in unseren Städten und Gemeinden bei und sollten deshalb vom Land gefördert werden. Ein darauf ausgerichteter Mobilitätscheck ist als obligatorischer Baustein in die Landesprogramme zur Städte- und Wohnungsbauförderung aufzunehmen.
Der Landesentwicklungsplan Hauptstadtregion Berlin-Brandenburg macht bereits heute Vorgaben für eine räumliche Entwicklung in der Hauptstadtregion, die eine verkehrsvermeidende Wirkung haben. So gilt, dass bei der Entwicklung neuer Siedlungsflächen die Innenentwicklung Vorrang hat und eine weitere Zersiedelung vermieden werden soll. Berlin und die Brandenburger Gemeinden des Berliner Umlandes mit leistungsfähiger Schienenanbindung (Gestaltungsraum Siedlung) sowie die Zentralen Orte des Weiteren Metropolenraums stellen Schwerpunkte der Wohnsiedlungsentwicklung dar. Hier wird die Planung neuer Wohnbauflächen quantitativ nicht begrenzt. Weitere Schwerpunkte sind die regionalplanerisch als Grundfunktionale Schwerpunkte festgelegten Ortsteile, die über die Eigenentwicklung hinaus zusätzliche Entwicklungsmöglichkeiten haben (Wachstumsreserve).
Außerhalb der genannten Schwerpunkte zielt die Entwicklung von Wohnsiedlungsflächen auf die Sicherung des örtlichen Bedarfs ab (Eigenentwicklung). Bei der Planung neuer Gewerbeflächen bestehen keinerlei quantitative Begrenzungen.
Wir werden die Erfahrungen mit dem Landesentwicklungsplan Hauptstadtregion Berlin- Brandenburg auswerten und für den Landesentwicklungsplan Anpassungen vornehmen. Daneben ist auch der weiterhin zügige Ausbau des Breitbandnetzes wichtig, um gutes Arbeiten überall im Land zu ermöglichen. Brandenburg hat hier im Bundesvergleich zuletzt große Schritte nach vorn gemacht. Das setzen wir fort.